Am Montag, den 16. Juni 2025, wird Univ.-Prof. Dr. Peter Reichl, Universität Wien, Leiter der Forschungsgruppe Cooperative Systems an der Fakultät für Informatik, einen Gastvortrag an unserer Fakultät halten.
Der Mythos ist religionsgeschichtlich eine Erklärungserzählung; eine Weltdeutung, aus der sich ersehen lässt, warum Existenzielles so ist, wie es ist - woher das Seiende stammt, warum Menschen sterblich sind, oder wie scheinbar Übernatürliches in unsere Realität einbrechen kann.
Andererseits wird dem Mythos schon seit Platon der Logos als Gegenpol gegenübergestellt, die Idee einer rationalen, vor dem Forum der Vernunft verantworteten Interpretation unseres Seins, welche in gewissem Sinne ihren Höhepunkt in der technisch bis ins Detail durchreflektierten, erklärbaren und formalisierten Sphäre des Digitalen findet.
Spätestens mit dem Aufstieg der Künstlichen Intelligenz beginnt jedoch auch diese Weltsicht zu wanken. Zum einen stellt sich heraus, dass die Digitalisierung als gesellschaftswirksame Größe nicht vollständig begriffen werden kann, zum anderen wirken die menschlichen Handlungsfelder, die von der Digitalisierung mit erfasst werden, auch auf diese zurück. Dadurch rückt "das Digitale" inzwischen mehr und mehr wieder an mythische Erklärungsmodelle heran. Dass damit eine Relativierung der erwünschten und/oder erwarteten Effekte eines entsprechenden Umbaus der Gesellschaft einhergeht, ist unvermeidlich.
In diesem Vortrag werden wir gemeinsam versuchen, das (vermeintliche) Numen des Digitalen zu entzaubern. Die Frage, was die digitale Welt im Innersten zusammenhält, spielt dabei eine prominente Rolle. Dabei stellt sich heraus, dass die Rückverortung des Virtuellen in unsere Lebenswelt nicht nur technische, sondern auch philosophische Konsequenzen hat, die auch (und wohl gerade) die Geisteswissenschaften und die Theologie betreffen.
Zur Person: Peter Reichl, Studien der Mathematik, Physik und Philosophie in München, Cambridge, Aachen und Zürich. Dr. tech. (Informatik), Pofessuren in Rennes und Helsinki. Seit 2013 Professor für Informatik an der Universität Wien, Leiter der Forschungsgruppe Cooperative Systems.
Zuletzt erschienen: Homo Cyber. Ein Bericht aus Digitalien, Salzburg 2023. Im Kontext unserer Diskussion ist von Bedeutung: „Der Mensch lebt nicht vom Bit allein…“ - Perspektiven einer Philosophischen Anthropologie im Digitalen Wandel, in: Lehner-Hartmann, Andrea u.a. (Hg.): Religiöse Bildung - Perspektiven für die Zukunft. Interdisziplinäre Impulse für Religionspädagogik und Theologie, Ostfildern 2021.
Die Veranstalter: Reinhold Esterbauer – Thomas Gremsl – Christian Wessely